24.03.2022
In diesen Interviews erzählen uns Gründerinnen und Gründer ihre persönliche Existenzgründungsgeschichte. Gemeinsam haben sie, dass sie den Sprung in die berufliche Selbstständigkeit aus einer Anstellung wagten und in unserem Softwarezentrum ansässig sind.
Folge – 1 – Living Mainframe GmbH
Living Mainframe, gegründet 2018, berät und unterstützt mit sechs Mitarbeitern in Projekten im Bereich IBM-Großrechner (Mainframe). Das Unternehmen stellt sicher, dass der Mainframe eine attraktive Option für innovative IT-Projekte bleibt. Mainframe ist eine Hardwareplattform, die als Zentralrechner in großen IT-lastigen Konzernen (Versicherungen, Banken, Automobilkonzernen) zum Teil schon seit mehreren Jahrzehnten eingesetzt wird. Marc Bauer ist Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens.
Wie sah Ihr Gründungsprozess aus?
Marc Bauer: Im April 2017 habe ich mich entschieden, meinen damaligen Arbeitgeber zu verlassen und selbstständig weiterzuarbeiten. Kurz darauf signalisierte ein ehemaliger Kunde sein Interesse, mich in seine Projekte mit einzubinden. Daraufhin bin ich zunächst als freiberuflicher IT-Berater gestartet. Das sehr gute Feedback der Auftraggeber und die sehr hohe Nachfrage haben mich überzeugt, den Weg weiter zu bestreiten und einen ehemaligen Kollegen zu überreden, die Freiberuflichkeit auszuprobieren. Gemeinsam mit Andreas Gröschl habe ich 2018 die Living Mainframe GmbH gegründet.
Wie war Ihre berufliche Ausgangssituation vor der Gründung?
Vor der Selbstständigkeit habe ich bei IBM in einer Abteilung für Mainframe Projektunterstützung gearbeitet. Man kann sagen, dass ich genau das Gleiche vorher schon gemacht habe.
Was war Ihre Motivation für die Gründung?
Der Drang etwas Eigenes zu machen, eigene Entscheidungen zu treffen und für das eigene Glück und Unglück selbst verantwortlich zu sein. Dazu gehört auch, selber zu entscheiden, an welchen Projekten ich arbeite.
Haben Sie eine Finanzierung benötigt?
Wir haben keine Finanzierung benötigt und die ersten Ausgaben von der GmbH-Einlage bezahlt. Die größten finanziellen Faktoren im Rahmen der Gründung waren die Beschaffung von Laptops, Schreibtisch und Stuhl. Darüber hinaus mussten wir bedenken, dass besonders bei Verträgen mit Großunternehmen eine längere Zeitspanne, teilweise mehrere Monate, zwischen geleisteter Arbeit und bezahlter Rechnung liegen. Hierauf haben wir uns entsprechend eingestellt.
Welche Bedenken bzw. Ängste hatten Sie im Zusammenhang mit der Gründung und wie sind Sie damit umgegangen?
Ich hatte weder Ängste noch Bedenken. Aufgrund meiner vorherigen Tätigkeit kannte ich den großen Bedarf im IT-Bereich. Im Mainframe-Umfeld sah das nicht anders aus. Ich kannte also den Markt und wusste, wie Kunden in der Vergangenheit auf meine Arbeit reagiert hatten. Zudem hatte ich mir vorher schon ein breites Netzwerk an Kontakten aufgebaut. Auch das familiäre Umfeld stand einer Selbstständigkeit positiv gegenüber.
Welche Institutionen, Partner und Personen haben Sie in der Gründungsphase und anschließend unterstützt? Wie sah dies konkret aus?
Die Gründung wurde im Wesentlichen von meiner Steuerberatung begleitet. Zu Beginn der Freiberuflichkeit habe ich mir viele Informationen bei anderen IT-Freiberuflern besorgt. Die Umsetzung, also die Anmeldung beim Finanzamt, (dieses eine Formular) habe ich gemeinsam mit dem Steuerbüro durchgeführt. Später bei der GmbH-Gründung hat es auch unterstützt und alles Wesentliche organisiert. Später haben wir auch Kontakte zu den Senioren der Wirtschaft aufgebaut und dort Beratung erfahren.
Was ist für Sie besonders spannend in der beruflichen Selbstständigkeit?
Die fachliche Arbeit hat sich kaum geändert. Als spannende Ergänzung kamen vor allem die Geschäftsführer-Tätigkeiten hinzu: Strategien ausarbeiten, verhandeln, Kaffee kaufen, Jahresabschlüsse, Umsatzsteuervoranmeldung.
Was waren während und nach der Gründung die größten Herausforderungen? Was sind aktuell Ihre unternehmerischen Herausforderungen? Wie gingen und gehen Sie damit um?
Herausforderungen während der Gründung sind mir nicht mehr präsent.
Allgemein ist unsere größte Herausforderung, die Balance zu finden zwischen der Annahme von Aufträgen und der Akquise. Unsere Aufträge sind in der Regel recht groß. Daher kann ein Auftrag mehr oder weniger schon das gesamte Unternehmen auslasten. Für uns ist es sehr kritisch, dass wir hier rechtzeitig nach Folgeaufträgen Ausschau halten.
Corona hat auch Spuren hinterlassen. Zunächst wurden viele Projekte schlagartig gestoppt, so dass wir uns sehr plötzlich um neue Themen und Auftraggeber kümmern mussten. Jetzt allerdings scheint sich ein größerer Projektstau zu lösen, wodurch wir sehr viele Anfragen bekommen.
Wann und warum haben Sie sich für eine Ansiedlung im Softwarezentrum entschieden?
Ich habe meine Freiberuflichkeit aus meiner privaten Wohnung heraus gestartet. Als klar war, dass mein Kollege ebenfalls mit einsteigen würde, haben wir uns nach Alternativen umgeschaut. Das Softwarezentrum war dann einfach die plausibelste Entscheidung. Das Preis-/Leistungsverhältnis, die örtliche Nähe und die Spezialisierung auf IT-Unternehmen sind für uns ausschlaggebend gewesen. Einen besonderen Mehrwert bringt die Vernetzung innerhalb des Softwarezentrums. Hier haben wir Experten für Spezialthemen, wie z.B. Marketing oder IT-Recht gefunden und den Hinweis bekommen, unseren Firmennamen entsprechend schützen zu lassen, damit es im Nachhinein keine bösen Überraschungen gibt. Ebenso konnten wir schnell und unbürokratisch unsere Räumlichkeiten entsprechend der Personalsituation aufstocken.
Welche konkreten Tipps und Anregungen möchten Sie an Gründer:innen weitergeben?
Man sollte nicht davor zurückschrecken, Unterstützung bei Verwaltungsthemen wie Buchhaltung, Steuer etc. in Anspruch zu nehmen. Diese Zeit ist besser in den Aufbau des eigenen Unternehmens oder des eigenen Fachwissens investiert. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, uns als Spezialisten und nicht als Generalisten aufzustellen; auch wenn dabei die ein oder andere Geschäftschance vorbeizieht.
Wo möchten Sie mit Ihrem Unternehmen in fünf Jahren stehen?
Wir wollen unser organisches Wachstum fortsetzen und mit Augenmaß neue, benachbarte Geschäftsfelder erschließen. Die nächsten großen Überraschungen kommen von ganz allein.
Herzlichen Dank für den Einblick und die Anregungen!